Der Koehler (Il carbonaio – U carvunaru)
Ich komme aus einer Familie von Koehlern, ein Beruf, der von einer Generationauf die andere ueberging: mein Grossvater Nino (Antonino), meine Onkel Ciccio, Peppe und Saru, die alle ausgewandert sind und natuerlich mein Vater Natu.
Ein heute verschwundener Beruf.Einmal war diese Taetigkeit eine der lukrativsten Wirtschaftszweige meinesDorfes und unserer ganzen Gegend. Die Werkzeuge dazu waren Hippe (runca) undAxt (faccetta). Die Motorsaege (u serruni) kam erst spaeter fuer die, die siesich leisten konnten. Damit sparten sie sich viel Muehe und knochenbrechendeArbeit.Der Koehler hatte die Funktion eines Waldputzers (spazzinu), denn er war dasletzte Glied in der kontrolliert Abholzung, die den Wald sauber hielt. Zuerstschlugen die Holzfaeller die Staemme (chianchi), die dann mit Ochsen (paru divoi) und Maulesel abgefuehrt wurden. Die im Holzhandel nicht genutztenHolzreste wurden vom Koehler genutzt. Er suchte sich zuerst einen Platz, wo das Holz in Kohle verwandelt werdensollte (fossa i carvuni). Der Platz fuer den Kohlenmeiler sollte eben und vomWind geschuetzt sein. Der Wind war der schlimmste Feind des Koehlers. Deshalbwurde selten eine Talsohle gewaehlt. Man suchte sich immer einen Platz am Fusseines Berges oder Huegels, mit Wasser in der Naehe, und das aus drei Gruenden:. Man warf oder schleifte das Holz dorthin und dafür war ein Gefaelleeinfacher.. Dort war man vor dem Wind geschuetzter.. Wasser war notwendig um Holz in Kohle zu verwandeln.Mit Hacke und Schaufel machte man den Platz im Durchmesser von 5 bis 10 Meterneben, die Größe hing von der benutzten Holzmenge ab. Genutzt wurden alleHolzstuecke, die die Holzfaeller zurueckgelassen hatten. Das Holz wurde in 1Meter lange Stuecke geschnitten, 2 bis 12 cm stark, und neben den Platz fuerden Meiler geschleift oder dorthin geworfen - der Transport war im wesentlichendie Aufgabe der Frauen. Sobald das Holz an Ort und Stelle war, wurde es auf der freien Fläche im Kreisherum (rrotari) gelegt, von aussen nach innen, und mit den groesseren Stueckeninnen. Die Aufschichtung des Meilers war ein Beispiel von sauberem Handwerk. Der Boden wurde mit Reisig (rrami) ausgelegt und zwar weil das Holz nicht diefeuchte Erde berühren sollte und diese Aestchen ein Netz bildeten, das dieLuftzufuhr ermöglichte.Auf dieser Weise lieferte das Holz die besten Ertraege bei der Verwandlung inKohle. Wenn das Holz in Kontakt mit dem Boden kam, konnte es nicht verkohlen,sondern wurde nur "verraucht" (marruni). Marruni war andererseits wertvoll umSchweinefleisch zu kochen, genauer gesagt Schnauze, Haxen oder Ohren usw.(frittuli), also Teile, die wegen der Knorpel nicht für die Herstellung vonWurstwaren verwendet wurden. - Das "verraeucherte" Holz hatte die Eigenheit, dass es ohne Flamme und nur langsam abbrannte.Wie diese zwei Beispiele zeigen, gibt es in einer armen Gesellschaft keineReste, denn alles wird genutzt.In der Mitte des Meilers wurden 50 cm lange Stuempfe (ccippi) kreisfoermig souebereinandergesetzt, dass die Mitte hohl blieb. Damit entstand ein echterKamin, wie er aus Hausdaechern herausragt. Der Rauchabzug im Inneren desMeilers musste den Druck anderer Holzstuecke aushalten, die spaeter daran unddarauf gehaeuft wurden. Das zu gewaehrleisten, war die Kunst des Koehlers. Der Rauchabzug wurde nicht am Stueck gebaut, es war immer nur ein Stueck hoeherals der Holzhaufen ringsum. Die Holzstuecke wurden fast aufrecht, doch vonaussen nach innen leicht geneigt aufgestellt. Nach der erste Schicht erhoehteman den Rauchabzug. Auf diese Weise wurde der Meiler hochgebaut und das Holzwurde konisch von innen nach aussen aufgeschichtet. Es war wichtig, die Stueckeso dicht wie moeglich nebeneinander zu platzieren.Jetzt baute der Koehler die Abdeckung in zwei Schichten. Fuer die erste Schichtbenutzte man Material, das Ort und Jahreszeit zur Verfügung stellten. Im Sommerarbeitete man mehr im Gebirge und benutzte Farn oder Buchenlaub, das reichlichvorhanden war.Im Winter zog man in milderen Gebiete und benutzte Grasbueschel oder Moos.Aussendrauf kam dann eine Schicht Erde. Die Erde wurde von unten nach obenangeworfen und immer mit dem Spaten festgeklopft. Sobald der Meiler auf dieseWeise abgedeckt war, machte man die Erde nass und klopfte sie von oben miteinem typischen Werkzeug, eine Holzschaufel, weiter fest. Diese war der Stueckeines Stammes, vom Koehler sorgfaeltig bearbeitet, bis es ruderfoermig war, nuretwas dicker. Sobald die Erde festgeklopft und kompakt war, zuendete der Koehler dem Meilervon oben durch den Rauchgang an. Er benutzte oft ein Stueck harzigesKiefernholz (a deda), das lang brannte, und darauf legte er duerre Zweige. DerAusgang wurde mit grossen Stuempfen und die Luecken mit Erde verstopft.In den Oberteil des Meilers wurden Loecher gestochen im Abstand von 60 - 70Zentimetern, damit der Rauch abziehen konnte. Sobald der Rauch weiss wurde,verstopfte man die Loecher wieder und oeffnete darunten neue, bis man denunteren Teil des Meilers erreicht hatte. Dieser Prozess musste pausenlosueberwacht werden, damit sich keine Luftblase im Inneren entwickelte, in derdas Holz haette Feuer fangen koennen.Oft passiert es, dass sich neben den Loechern Vertiefungen bildeten. Dasbedeutete, dass das Holz darunter verbrannte statt zu verkohlen. An diesenStellen entfernte man die Erdschicht, ersetzte das Holz und schloss die Deckewieder (civare). Morgens und abends benetzte man den Meiler und klopfte ihn fest.Sobald von den letzten Loechern Flammen entwichen, war der Meiler "gekocht".Die Loecher wurden mit Erde verschlossen. Der Meiler wurde zum Abkuehlen 2 bis5 Tage in Ruhe gelassen. Neben den Flammen gab es ein anderes Zeichen fuer das"Kochen" des Meilers, naemlich dass der Boden darunter sich senkte.Jetzt wurde die Kohle herausgenommen (scarvunari). Die Erde wurde neben denMeiler gelegt, damit sie fuer den naechsten Meiler bereit war. Vor der Abnahmeder Kohle musste man sie nass machen:1. um sie zu haerten und leitfaehiger zu machen,2. um eventuelle Glutherde loeschen.Der aeussere Teil des Meilers war broeckeliger, denn er war von duennerem Holzund dem Klopfen der aeusseren Erdschicht ausgesetzt. Die Mitte, also dergroesste Raum, wurde von vollstaendigen und verkohlten Holzstuecken gebildet. Der Meiler hatte dann die Form des Holzhaufens zu Anfang, aber statt gruen warer schwarz. Die Holzstuecke wurden nach aussen auf die vom Meiler abgenommeneErde gelegt. Wenn diese Arbeit fertig war, sackte der Koehler die Kohle ein. Man verwendeteJutesaecke (sacchi i zambàra) mit einem Fassungsvermoegen von 40-60 Kilo.Zuerst wurden die groesseren Stuecke eingelegt, und dann die Kleineren, diesogenannte Holzkohle (carbonella - "cinesa"), die durchgesiebt war, um dieRaeume unter den Stuecken aufzufuellen und den Sack kompakt zu fuellen. An denRand wurden lange Stuecke gelegt, damit die Kohle nicht rausfiel. Die Saeckewurden mit Schnur zugebunden, die durch Loecher ging, die mit einem Stoeckchen (piruni) gestochen wurden. Und damit war die Arbeit von ein bis zwei Wochen beendet
Ich komme aus einer Familie von Koehlern, ein Beruf, der von einer Generationauf die andere ueberging: mein Grossvater Nino (Antonino), meine Onkel Ciccio, Peppe und Saru, die alle ausgewandert sind und natuerlich mein Vater Natu.
Ein heute verschwundener Beruf.Einmal war diese Taetigkeit eine der lukrativsten Wirtschaftszweige meinesDorfes und unserer ganzen Gegend. Die Werkzeuge dazu waren Hippe (runca) undAxt (faccetta). Die Motorsaege (u serruni) kam erst spaeter fuer die, die siesich leisten konnten. Damit sparten sie sich viel Muehe und knochenbrechendeArbeit.Der Koehler hatte die Funktion eines Waldputzers (spazzinu), denn er war dasletzte Glied in der kontrolliert Abholzung, die den Wald sauber hielt. Zuerstschlugen die Holzfaeller die Staemme (chianchi), die dann mit Ochsen (paru divoi) und Maulesel abgefuehrt wurden. Die im Holzhandel nicht genutztenHolzreste wurden vom Koehler genutzt. Er suchte sich zuerst einen Platz, wo das Holz in Kohle verwandelt werdensollte (fossa i carvuni). Der Platz fuer den Kohlenmeiler sollte eben und vomWind geschuetzt sein. Der Wind war der schlimmste Feind des Koehlers. Deshalbwurde selten eine Talsohle gewaehlt. Man suchte sich immer einen Platz am Fusseines Berges oder Huegels, mit Wasser in der Naehe, und das aus drei Gruenden:. Man warf oder schleifte das Holz dorthin und dafür war ein Gefaelleeinfacher.. Dort war man vor dem Wind geschuetzter.. Wasser war notwendig um Holz in Kohle zu verwandeln.Mit Hacke und Schaufel machte man den Platz im Durchmesser von 5 bis 10 Meterneben, die Größe hing von der benutzten Holzmenge ab. Genutzt wurden alleHolzstuecke, die die Holzfaeller zurueckgelassen hatten. Das Holz wurde in 1Meter lange Stuecke geschnitten, 2 bis 12 cm stark, und neben den Platz fuerden Meiler geschleift oder dorthin geworfen - der Transport war im wesentlichendie Aufgabe der Frauen. Sobald das Holz an Ort und Stelle war, wurde es auf der freien Fläche im Kreisherum (rrotari) gelegt, von aussen nach innen, und mit den groesseren Stueckeninnen. Die Aufschichtung des Meilers war ein Beispiel von sauberem Handwerk. Der Boden wurde mit Reisig (rrami) ausgelegt und zwar weil das Holz nicht diefeuchte Erde berühren sollte und diese Aestchen ein Netz bildeten, das dieLuftzufuhr ermöglichte.Auf dieser Weise lieferte das Holz die besten Ertraege bei der Verwandlung inKohle. Wenn das Holz in Kontakt mit dem Boden kam, konnte es nicht verkohlen,sondern wurde nur "verraucht" (marruni). Marruni war andererseits wertvoll umSchweinefleisch zu kochen, genauer gesagt Schnauze, Haxen oder Ohren usw.(frittuli), also Teile, die wegen der Knorpel nicht für die Herstellung vonWurstwaren verwendet wurden. - Das "verraeucherte" Holz hatte die Eigenheit, dass es ohne Flamme und nur langsam abbrannte.Wie diese zwei Beispiele zeigen, gibt es in einer armen Gesellschaft keineReste, denn alles wird genutzt.In der Mitte des Meilers wurden 50 cm lange Stuempfe (ccippi) kreisfoermig souebereinandergesetzt, dass die Mitte hohl blieb. Damit entstand ein echterKamin, wie er aus Hausdaechern herausragt. Der Rauchabzug im Inneren desMeilers musste den Druck anderer Holzstuecke aushalten, die spaeter daran unddarauf gehaeuft wurden. Das zu gewaehrleisten, war die Kunst des Koehlers. Der Rauchabzug wurde nicht am Stueck gebaut, es war immer nur ein Stueck hoeherals der Holzhaufen ringsum. Die Holzstuecke wurden fast aufrecht, doch vonaussen nach innen leicht geneigt aufgestellt. Nach der erste Schicht erhoehteman den Rauchabzug. Auf diese Weise wurde der Meiler hochgebaut und das Holzwurde konisch von innen nach aussen aufgeschichtet. Es war wichtig, die Stueckeso dicht wie moeglich nebeneinander zu platzieren.Jetzt baute der Koehler die Abdeckung in zwei Schichten. Fuer die erste Schichtbenutzte man Material, das Ort und Jahreszeit zur Verfügung stellten. Im Sommerarbeitete man mehr im Gebirge und benutzte Farn oder Buchenlaub, das reichlichvorhanden war.Im Winter zog man in milderen Gebiete und benutzte Grasbueschel oder Moos.Aussendrauf kam dann eine Schicht Erde. Die Erde wurde von unten nach obenangeworfen und immer mit dem Spaten festgeklopft. Sobald der Meiler auf dieseWeise abgedeckt war, machte man die Erde nass und klopfte sie von oben miteinem typischen Werkzeug, eine Holzschaufel, weiter fest. Diese war der Stueckeines Stammes, vom Koehler sorgfaeltig bearbeitet, bis es ruderfoermig war, nuretwas dicker. Sobald die Erde festgeklopft und kompakt war, zuendete der Koehler dem Meilervon oben durch den Rauchgang an. Er benutzte oft ein Stueck harzigesKiefernholz (a deda), das lang brannte, und darauf legte er duerre Zweige. DerAusgang wurde mit grossen Stuempfen und die Luecken mit Erde verstopft.In den Oberteil des Meilers wurden Loecher gestochen im Abstand von 60 - 70Zentimetern, damit der Rauch abziehen konnte. Sobald der Rauch weiss wurde,verstopfte man die Loecher wieder und oeffnete darunten neue, bis man denunteren Teil des Meilers erreicht hatte. Dieser Prozess musste pausenlosueberwacht werden, damit sich keine Luftblase im Inneren entwickelte, in derdas Holz haette Feuer fangen koennen.Oft passiert es, dass sich neben den Loechern Vertiefungen bildeten. Dasbedeutete, dass das Holz darunter verbrannte statt zu verkohlen. An diesenStellen entfernte man die Erdschicht, ersetzte das Holz und schloss die Deckewieder (civare). Morgens und abends benetzte man den Meiler und klopfte ihn fest.Sobald von den letzten Loechern Flammen entwichen, war der Meiler "gekocht".Die Loecher wurden mit Erde verschlossen. Der Meiler wurde zum Abkuehlen 2 bis5 Tage in Ruhe gelassen. Neben den Flammen gab es ein anderes Zeichen fuer das"Kochen" des Meilers, naemlich dass der Boden darunter sich senkte.Jetzt wurde die Kohle herausgenommen (scarvunari). Die Erde wurde neben denMeiler gelegt, damit sie fuer den naechsten Meiler bereit war. Vor der Abnahmeder Kohle musste man sie nass machen:1. um sie zu haerten und leitfaehiger zu machen,2. um eventuelle Glutherde loeschen.Der aeussere Teil des Meilers war broeckeliger, denn er war von duennerem Holzund dem Klopfen der aeusseren Erdschicht ausgesetzt. Die Mitte, also dergroesste Raum, wurde von vollstaendigen und verkohlten Holzstuecken gebildet. Der Meiler hatte dann die Form des Holzhaufens zu Anfang, aber statt gruen warer schwarz. Die Holzstuecke wurden nach aussen auf die vom Meiler abgenommeneErde gelegt. Wenn diese Arbeit fertig war, sackte der Koehler die Kohle ein. Man verwendeteJutesaecke (sacchi i zambàra) mit einem Fassungsvermoegen von 40-60 Kilo.Zuerst wurden die groesseren Stuecke eingelegt, und dann die Kleineren, diesogenannte Holzkohle (carbonella - "cinesa"), die durchgesiebt war, um dieRaeume unter den Stuecken aufzufuellen und den Sack kompakt zu fuellen. An denRand wurden lange Stuecke gelegt, damit die Kohle nicht rausfiel. Die Saeckewurden mit Schnur zugebunden, die durch Loecher ging, die mit einem Stoeckchen (piruni) gestochen wurden. Und damit war die Arbeit von ein bis zwei Wochen beendet