Montag, 8. Oktober 2007

Dienstag, den 18. September 2007

Jedesmal wenn ich nach Delianuova zurueckkomme, besuche ich zwei von uns, dieden Mut zu bleiben gefunden haben. Dank ihrer Intelligenz, ihrem Talent undihrer Ausdauer haben sie etwas aufgebaut, das unserem Land Ehre macht.

Ein gutes Beispiel ist Antonio Barca. Er hat seine Berge nicht verlassen unddort den Aspromonte Nationalpark aufgebaut. Er ist nicht weggefahren vor dendortigen Fluessen, die in Winter mit schrecklicher Gewalt nach dem so nahen undgleichzeitig so fernen Mittelmeer stroemen. Wie schon als Kind kann er heutejeden Tag zur Carmelia-Ebene hochsteigen, der geologischen Terrasse unter derPyramide von Waeldern und Felsen des Montalto, mit fast 2.000 Metern dersüdlichste Berg der italienischen Halbinsel.Und doch hatte Antonio, 40, vor einigen Jahren seine Koffer bereits gepackt,nachdem er wegen seines kaputten Rueckens als Bauarbeiter keine Stelle mehrfinden konnte. Marie Thérèse Italiano (Teresa), seine Frau, war schon inTreviso - wie tausend andere waren sie bereit Delianuova zu verlassen und nachNorden auszuwandern.Aber Antonio hat sich schließlich doch entschieden, dass er in Delianuova eineZukunft hatte - ein Gluecksfall unter den Symbol-Geschichten vom neuenAspromonte, eine Geschichte unter den vielen ueber die Wiedergeburt diesesGebirges mit den Ebenen von Carmelia, den hohen Buchenwaeldern, den Fluessenmit den vom Wasser glattgeschliffenen Kieseln, den Doerfern mit ihren felsigenWurzeln, dem Schnee, der monatelang sich gegen die Milde des Mittelmeeressperrt und den Aspromonte weiss macht. Antonio ist Parkfuehrer geworden. Mitanderen jungen Leuten (Diego und Aldo) hat er einen Verein fuer Natur-Tourismusaufgebaut. Drei Männer, die uns zeigen: auch in diesem äußersten Rand vonEuropa lohnt es sich, in einem ausserordentlichem Land zu leben.Aus der Zeitung 'La

Repubblica' vom 18. September 2007

Vetter Saro (Compare Saro) fragte mich eines Nachts: "Was hoerst du im Wald?". Ichantwortete: "Ich hoere den Wind". Und er: "Ich glaube, es ist Wasser". Erhatte Recht, in der Naehe gab es einen Fluss und bei Tagesanbruch war er dortund angelte Forellen an der besten Stelle.Die Sterne sind heraus und Antonio Barca, Erbauer, Besitzer und Manager derSchutzhuette auf der Hochebene Piani di Carmelia auf 1260 Metern Hoehe,erzaehlt, was er ueber den heiligen Berg Kalabriens, den Aspromonte, so hochwie ein Ozeandampfer auf einem unendlichen Meer, gelernt hat.Antonio hat alles hier alleine gemacht. Er suchte sich diesen Platz und bauteeine Schutzhuette mit 20 Gaestebetten. Sein Ruecken ist kaputt, aber er beklagtsich nicht, er ist zufrieden hier zu leben. Er macht das Feuer an.Mit uns am Tisch sitzen seine Frau Marie Thérèse Italiano, dann Diego Festa,der Bergfuehrer, den mir der Himmel schickte um meinen Fiat Topolino zu reparieren, undsein Freund Giuseppe Lorenti, der mich wie ein Falke von Catania erreichte.Das Auto steht derweil schmutzig aber zufrieden im Freien."Mein Vater und Compare Saro lehrten mich die Berge zu lesen, nachts michohne Landkarte nach dem Wasserklang zu orientieren, die Marderhoehlen zufinden, nach Allerseelen die Siebenschlaefer zu jagen. Ach, dieSiebenschlaefer! Sie sind ein Leckerbissen, das feinste Fleisch der Welt...""Ich habe alles von Kindesbeinen an gelernt. Wenn ich Eicheln auf der Erdegesehen habe, konnte ich sagen, ob ein Siebenschlaefer, eine Maus, eineHaselmaus oder ein Eichelhaeher sie angeknabbert hatte. Das ist meine Welt,mein Leben". Fuer ein Moment herrscht Stille. "Es ist aber hart hier, Paolo, duweisst nicht, wie hart das Leben hier ist"."Tauben fliegen weg und Raben bleiben. Die Auswanderung geht in grossem Schwungweiter. Ich aber habe Nein gesagt, bin nicht fortgegangen. Ich habe hier allesinvestiert, was ich hatte. Diese Berge sind eine lohnenswerte Chance fuer jungeLeute mit gutem Willen. Fast niemand aber hilft mir. Stell dir vor, eines Tageskam der Praesident des daenischen Parlaments hierher, mit Kindern undSchlafsack. Er war von diesem Ort ganz hingerissen. Kannst du dir einenitalienischen Politiker vorstellen, der so etwas machen würde?"

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